Wohnimmobilienkreditrichtlinie 2016: So wirkt sie sich auf Baukredite aus

Um eine erneute Immobilienblase zu vermeiden, gibt es die Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Erfahren Sie hier,

  • was sich bei der Vergabe von Baukrediten ändert
  • wen die Neuregelungen besonders betreffen
  • was Kritiker bemängeln

Verbraucher vor „faulen“ Immobilienkrediten schützen – das ist ein zentrales Ziel der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, kurz WIKR. Faul meint, dass eine Finanzierung platzt, weil der Kreditnehmer seine Raten nicht mehr stemmen kann. Um die Ausbreitung solcher Kredite zu verhindern, beinhaltet die WIKR strengere Auflagen für Banken. Diese sind sowohl zum Vor- als auch zum Nachteil für Verbraucher. Wenn Sie planen, einen Baukredit aufzunehmen, sollten Sie die zentralen Regelungen in Bezug auf Baukredite kennen. Hier erfahren Sie das Wichtigste im Überblick.

Wohnimmobilienkreditrichtlinie – Was ist das?

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2014. Ziel ist es, die Kreditvergabe in den Mitgliedstaaten stärker zu regulieren, um eine Immobilienblase, wie in den USA 2007/2008 zu verhindern. Im März 2016 wurde die Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt.

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie befasst sich nicht nur mit der Vergabe von Baufinanzierungen. Dieser Ratgeber beschränkt sich jedoch auf Regelungen, die Baukredite betreffen und fasst wichtige Beschlüsse für Verbraucher zusammen.

Wichtige Beschlüsse zu Baukrediten

Bonitätsprüfung: Einkommen und Eigenkapital sind nun noch wichtiger.

Alter: Baukredite müssen innerhalb der statistischen Lebenserwartung zurückgezahlt werden.

Widerruf: Das Widerrufsrecht ist zeitlich beschränkt.

Erhöhtes Haftungsrisiko: Banken müssen Kreditnehmer umfassend aufklären.

Bonität und Alter jetzt noch wichtiger

Die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie soll sicherstellen, dass nur diejenigen einen Baukredit erhalten, die sich diesen auch langfristig leisten können. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt die WIKR die Bonität und das Alter des Verbrauchers in den Mittelpunkt.

Bank prüft verstärkt die zukünftige Finanzsituation

Banken prüfen bei der Kreditvergabe standardmäßig die Bonität, die Kreditwürdigkeit, des Antragstellers. Zur Bonität zählt u. a. das aktuelle Einkommen, das Eigenkapital sowie zusätzliche Kreditsicherheiten wie Versicherungen. Die WIKR schreibt die Bonitätsprüfung nun erstmals gesetzlich vor und legt fest, dass Banken verstärkt die zukünftige Finanzsituation berücksichtigen sollen. Der Kreditgeber hat somit die Einnahmen des Kunden über die gesamte Tilgungsdauer im Blick – die Konsequenz: Fragen nach der Familienplanung oder der Altersvorsorge werden relevant. Die finanzierte Immobilie und deren Wertentwicklung dürfen außerdem nicht mehr hauptsächlich als Kreditsicherheit dienen – im Umkehrschluss liegt der Fokus noch mehr auf der Bonität des Kunden.

Wichtig:

Banken sind außerdem dazu verpflichtet, ihre Kunden umfassend zu informieren und zu beraten. Für Sie bedeutet das meist eine bessere Beratung und Aufklärung. Und im Zweifelsfall die Möglichkeit, rechtliche Schritte einzuleiten. Für die Bank erhöht sich das Haftungsrisiko.

Fortgeschrittenes Alter kann nachteilig sein

Die WIKR besagt, dass Banken darauf achten müssen, dass ein Kreditnehmer das Darlehen innerhalb der statistischen Lebenserwartung zurückzahlen kann. In Deutschland liegt die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes bei rund 78 Jahren, bei Frauen etwas darüber. Beantragt ein 40-Jähriger einen Baukredit über mehrere hunderttausend Euro, ist die Tilgung bis zum Ruhestand oft nicht abgeschlossen. Banken stehen laut der WIKR nun in der Prognosepflicht: Reichen die zu erwartenden Einnahmen, um den Zahlungsverpflichtungen auch als Rentner nachzukommen? Wieviel Rente wird der Antragsteller voraussichtlich beziehen? Sorgt er privat vor? Das Alter beeinflusst damit maßgeblich die Kreditentscheidung der Bank. Da die Lebenserwartung immer weiter steigt, ist es jedoch grundsätzlich auch möglich, eine Baufinanzierung als Renter aufzunehmen.

Ende des ewigen Widerrufs

Ein weiterer wichtiger Beschluss für Verbraucher: Das Widerrufsrecht bei Baufinanzierungen erlischt spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Und das unabhängig davon, ob die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist oder gar nicht erfolgte. Der sogenannte Widerrufsjoker war zuvor für viele Verbraucher ein willkommener Anlass, eine Umschuldung vorzunehmen und zu einem Anbieter mit besseren Konditionen zu wechseln. Mit der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie schiebt der Gesetzgeber dieser Praxis jedoch den Riegel vor und schränkt das Widerrufsrecht bei Baufinanzierungen zeitlich ein.

Junge Familien und ältere Darlehensnehmer im Nachteil

Was bedeutet die WIKR also für Verbraucher? Sie profitieren von einer besseren Beratung – allerdings wird das Widerrufsrecht zeitlich eingeschränkt und der Weg ins Eigenheim für einige Verbraucher steiniger. Denn im Zweifelsfall lehnen Banken den Kreditantrag ab, den sie vor der WIKR möglicherweise gewilligt hätten. Besonders betroffen sind junge Familien, die bislang kaum Eigenkapital ansparen konnten, oder auch ältere Kreditnehmer, denen weniger Zeit zur Tilgung bleibt. Kritiker der WIKR beklagen daher auch, dass die Wohnimmobilienkreditrichtlinie Rentner sowie junge Familien benachteilige und Gutverdiener bevorzuge.

Tipp:

Banken legen die WIKR häufig unterschiedlich aus. Wenn Sie eine Absage erhalten, heißt das nicht, das jede Bank zu diesem Ergebnis gekommen wäre. Holen Sie sich daher mehrere Kreditangebote ein und erhöhen Sie dadurch Ihre Chancen auf einen Baukredit.

Wohnimmobilienkreditrichtlinie – Gesetz wurde 2017 nachgebessert

Die tatsächlichen Auswirkungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie auf die Vergabe von Baukrediten sind strittig. Der Gesetzgeber griff 2017 dennoch die Kritik auf und besserte nach. So steht im sogenannten Finanzaufsichtsrechtsergänzungsgesetz, dass Banken den Wert der Immobilie wieder stärker als Kreditsicherheit berücksichtigen dürfen. Dient der Kredit der Renovierung oder Modernisierung, dürfen Banken eine Wertsteigerung der Immobilie sogar wieder maßgeblich in die Kreditwürdigkeitsprüfung einfließen lassen. Außerdem erhielt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz Bafin, neue Befugnisse, um regulierend in den Immobilienmarkt eingreifen zu können. So kann die Bafin zum Beispiel die Höhe der Beleihung von Immobilien festlegen.

Ist die WIKR sinnvoll gegen faule Kredite?

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie soll faule Immobilienkredite verhindern: Nur wer es sich wirklich leisten kann, erhält einen Baukredit. Strengere Auflagen sind dafür ein sinnvolles Instrument. Allerdings sollten diese nicht dazu führen, dass bestimmten Gruppen, zum Beispiel jungen Familien oder älteren Darlehensnehmern, der Weg ins Eigenheim versperrt bleibt. Schließlich stellt der Immobilienerwerb angesichts sinkender gesetzlicher Renten und steigender Mietpreise in Ballungszentren eine bedeutende Säule in der privaten Altersvorsorge dar. Da die Auswirkungen der WIKR noch nicht statistisch erhoben sind, bleibt jedoch abzuwarten, ob die WIKR tatsächlich zu Benachteiligungen und einem spürbaren Rückgang der Baufinanzierungen führt.

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