Krankschreibung per WhatsApp

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Wer mit Erkältungssymptomen aufwacht, muss sich für die Krankschreibung nicht mehr extra zum Arzt schleppen. Ein Hamburger Start-Up macht jetzt Krankschreibungen via WhatsApp möglich. Aber muss der Arbeitgeber die Online-Krankenscheine akzeptieren?

Husten, Schnupfen, Heiserkeit: die typischen Symptome einer Erkältung. Wen es erwischt hat, der bleibt besser einige Tage zuhause. Um sich auszukurieren, aber auch um die Kollegen im Büro nicht auch noch anzustecken. In der Regel braucht man dafür aber spätestens nach drei Tagen eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Das heißt, sich mit Fieber und Kopfschmerzen ins Wartezimmer des Hausarztes schleppen und dort meist lange Wartezeiten in Kauf nehmen zu müssen. Nicht gerade förderlich für die Genesung – und laut des Hamburger Start-Ups AU-Schein.de auch vollkommen unnötig.

AU-Schein ganz einfach per WhatsApp beantragen

Die Idee des Gründers Can Ansay: Eine gewöhnliche Volkskrankheit wie die einfache Erkältung kann auch per Fernanamnese zutreffend und sicher diagnostiziert werden. Statt durch einen Besuch in der Praxis des Arztes kann der oder die Kranke daher auch via telemedizinischer Untersuchung für arbeitsunfähig erklärt werden.

Hintergrund:

Bis Mai 2018 war eine solche Ferndiagnose durch Ärzte nur erlaubt, wenn sie den betreffenden Patienten zumindest einmal zuvor auch in Person behandelt hatte. Ansonsten galt das sogenannte Fernbehandlungsverbot. Um dem zunehmenden Ärztemangel zu begegnen, wurde das Gesetz im vergangenen Jahr jedoch gelockert, und nun sind Fernbehandlungen in immer mehr Bundesländern erlaubt. Dabei ist ausschlaggebend, wo der behandelnde Arzt praktiziert.

Ferndiagnose anhand der angegebenen Symptome

AU-Schein.de funktioniert nach einem einfachen Prinzip. Der oder die Kranke klickt sich durch einen Fragenkatalog und wählt die jeweils auftretenden Symptome aus. Läuft die Nase, schmerzen die Ohren oder der Kopf, ist die Temperatur erhöht oder liegt hohes Fieber vor? Auch Risikofaktoren müssen angegeben werden, etwa, wenn der oder die Kranke kurz zuvor noch auf Tropenreise war.

Anhand der Angaben erstellt dann ein mit dem Start-Up kooperierender Arzt eine Diagnose. Wird aufgrund der Symptome eine Erkältung festgestellt, dann kann der Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von bis zu drei Tagen ausstellen. Die Krankschreibung erfolgt via WhatsApp und kann auch schriftlich versendet werden. Der Service kostet neun Euro pro ausgestelltem Schein. Krankgeschrieben wird allerdings nur, wenn es sich wirklich um eine harmlose Erkältung zu handeln scheint. Hat jemand beispielsweise hohes Fieber oder zeigt andere ernstere Krankheitsanzeichen, wird ein persönlicher Arztbesuch nahegelegt, und kein Krankenschein ausgestellt.

Aufgepasst:

Krankgeschrieben wird derzeit nur, wenn es sich wirklich um eine harmlose Erkältung zu handeln scheint. Hat jemand beispielsweise hohes Fieber oder zeigt andere ernstere Krankheitsanzeichen, wird ein persönlicher Arztbesuch nahegelegt und kein Krankenschein ausgestellt.

Kritiker warnen vor ungenauer Diagnose und mangelndem Datenschutz

Durch diese Einschränkung will das Unternehmen sicherstellen, dass ernstere Erkrankungen nicht fehldiagnostiziert werden und die Patienten nicht angemessen behandelt werden. Dennoch kritisieren die deutschen Ärztekammern das Prinzip des Start-Ups. Eine Diagnose rein nach Fernanamnese sei ungenügend und würde möglicherweise zu Fehlschlüssen und Behandlungsfehlern führen. Außerdem warnen Datenschützer vor WhatsApp als Kommunikationskanal. Für eine Weitergabe sensibler Daten, die den eigenen Gesundheitszustand betreffen, sei der Messenger-Dienst nicht sicher genug.

Eine Chance für Blaumacher?

Daneben gibt es auch Bedenken in die umgekehrte Richtung: Wie soll der behandelnde Arzt via Ferndiagnose sicherstellen, dass jemand auch wirklich krank ist? Animiert die App durch das einfache Bestellen von AU-Scheinen nicht vielleicht den ein oder anderen zum Blaumachen? Auch hier will das Unternehmen vorgesorgt haben. Eine WhatsApp-Krankschreibung wird daher nur zweimal im Jahr und für maximal drei Tage ausgestellt. Ungehindertes Krankfeiern soll also nicht möglich sein. Ganz abgesehen davon liegt es, ganz wie beim klassischen Arztbesuch, in der Verantwortung des Patienten, seine Symptome wahrheitsgemäß zu schildern und sich nicht grundlos krankschreiben zu lassen.

Muss der Arbeitgeber die Online-Krankschreibung akzeptieren?

Auf seiner Website wirbt das Unternehmen mit einer hundertprozentigen Akzeptanzrate seiner AU-Scheine bei Arbeitgebern und Krankenkassen. Aber muss der eigene Arbeitgeber die WhatsApp-Krankschreibung tatsächlich genauso akzeptieren wie eine herkömmlich ausgestellte? Vollkommen geklärt ist das noch nicht. Zunächst einmal gilt jeder Krankenschein als ausreichender Beleg für eine Arbeitsunfähigkeit. Theoretisch können Arbeitgeber aber Zweifel anmelden, falls es dazu Anhaltspunkte geben sollte. Auf dem AU-Schein ist allerdings nicht vermerkt, ob es sich um eine Online-Diagnose handelt.

Unternehmensgründer Ansay ist vom Erfolg seiner Idee jedenfalls überzeugt. Daher plant er auch eine baldige Erweiterung des Sortiments: In Kürze sollen nicht nur Erkältungen, sondern auch andere harmlose, aber oft auftretende Krankheitsbilder via WhatsApp diagnostiziert werden können und entsprechende Krankschreibungen ausgestellt werden.

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