Pappsärge – umweltbewusster Trend oder würdeloser Ramsch?

https://www.tarif-testsieger.de/images/content/magazin-pappsarg.png

Letzte Ruhe im Karton? Was sich nach einem schlechten Scherz anhört, könnte zum nächsten Bestattungstrend werden. Pappsärge versprechen eine ökologische, ressourcenschonende Beisetzung. Doch hält die Sarg-Innovation was sie verspricht?

Weniger Müll, weniger Ressourcenverschwendung, weniger Energieverbrauch. Immer mehr Menschen entscheiden sich für ein bewussteres Leben und möchten natürliche Rohstoffe und die Umwelt schonen. Dieser Trend erobert nahezu alle Lebensbereiche und hat nun auch die Bestattungsindustrie erreicht, mit Särgen aus Pappe.

Ressourcenschonend in der Herstellung, günstig in der Anschaffung

Mit einem Sarg aus Pappe wird die wertvolle Ressource Holz geschont, so die Hersteller. Für sogenannte Vollholzsärge ist es meist notwendig, Holz aus jahrzehntealtem Baumbestand zu nutzen. Ein Pappsarg hingegen besteht zu großen Teilen aus Cellulose, das aus schnell nachwachsenden Aufforstungsholz gewonnen wird. Einige Anbieter verwenden auch Altpapier, das für die Pappsärge recycelt wird. Generell sind Pappsärge nur für Einäscherungen zugelassen. Der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid ist bei der Feuerbestattung mit einem Pappsarg deutlich geringer als bei einem herkömmlichen Sarg . Das spricht durchaus für das Sargmodell aus Pappe.

Pappsärge sind außerdem deutlich günstiger als Holzmodelle. Die Preise beginnen bei 300 Euro. Selbst günstige Holzmodelle kosten beinahe das Doppelte. Optisch lassen sich Pappsärge einfach aufhübschen. Sie werden in verschiedenen Designs angeboten, mit floralem Muster oder in Holzoptik. Auch ein anderer Trend – der selbst bemalte Sarg – lässt sich damit wohl problemlos umsetzen.

Kritik an den Pappsärgen

Trotz positiver Herstellungsbilanz gibt es durchaus massive Kritik aus Fachkreisen an den Särgen aus Karton. Bestatter bemängeln, dass eine Einäscherung im Pappsarg deutlich mehr Erdgas benötigt, als in einem herkömmlichen Sarg. Im Grunde wird eine Ressource (das Holz) auf Kosten einer anderen (Erdgas) geschont. Es fehlt schließlich das Brennmaterial, das der Holzsarg liefert. Die Pappe ist in kürzester Zeit aufgezehrt und reicht nicht aus, um eine Einäscherung zu befeuern .

Einige Krematorien weigern sich sogar, Pappsärge für eine Einäscherung anzunehmen. Für eine Erdbestattung ist das Material ohnehin nicht geeignet . Sobald Erde auf den Sarg geschüttet wird, sinkt dieser ein. Die Pappe ist nicht stabil genug um einen Hohlraum zu erhalten, und dieser ist für eine ordnungsgemäße, planbare Verwesung , wie deutsche Friedhöfe sie fordern, notwendig.

Pappsarg in Deutschland kaum erhältlich

Die Bestatterzunft in Deutschland steht dem Pappsarg mehr als skeptisch gegenüber. Entsprechend schwer kann es für Interessierte sein, ein Beerdigungsinstitut zu finden, das Pappsärge anbietet. Selbst online gestaltet sich die Suche schwierig, da Särge eins der wenigen Produkte sind, die in der Regel nicht im Internet gekauft werden. Wer sich für eine Beisetzung in einem Pappsarg entscheidet, ist gut beraten, sich frühzeitig auf die Suche nach einem Bestatter oder Sarghändler zu machen, der auch alternative Särge vertreibt.

Das Ausland ist nicht so zimperlich

Während in Deutschland noch Emissionen gemessen werden und unter den Bestattern ein regelrechter Streit um die günstigen Pappsärge entstanden ist, gehen andere Länder schon sehr viel weiter. Dort werden Leichen zu Granulat verarbeitet, das gut verrottet oder in Lauge zersetzt. In Südamerika ist auch der Papp- oder Faltsarg weit verbreitet. Nicht zuletzt aus Kostengründen. Besonders in wirtschaftlich schwachen Regionen, wie zum Beispiel Venezuela , sind Pappsärge eine preisgünstige Alternative. Die finanzielle Not lässt Umwelt- und Pietätsbedenken schnell in den Hintergrund treten.

>